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AutorenbildSarah-Christine Boost

Heilsame Verbindung zwischen Mensch & Tier

Warum können Haustiere so heilsam für Kinder (und Erwachsene) sein, die Probleme im Hinblick auf Bindung haben?

Ich spüre es jeden Tag an unserer #Pflegetochter: sie vertraut unserer Hündin Sookie all ihre Sorgen und Ängste an, lässt von Anfang an Nähe zu, ja sucht sie sogar regelrecht. Was mit Sookie direkt möglich war, entwickelt sich mit uns #Pflegeeltern erst deutlich später.


Aber warum?


Bindungsmuster stabilisieren sich in zwischenmenschlichen Beziehungen

In zwischenmenschlichen Beziehungen werden unsichere #Bindungsmuster in der Regel auf neue, potenzielle Bindungsfiguren übertragen (z.B. Lehrer, Therapeuten, Pflegeeltern, Liebespartner). Meist reagieren diese dann komplementär auf die bindungsbezogenen Verhaltensweisen und verstärken und stabilisieren diese dadurch.

Heißt z.B. bei:

Vermeidender Bindung

Wenn das Kind distanziert reagiert, aus Angst abgelehnt zu werden (#vermeidend), geht die Bindungsfigur einen Schritt zurück und macht kein Beziehungsangebot mehr, wodurch sich das Kind erst recht abgelehnt fühlt.


Ambivalenter Bindung

Das Kind hat Angst verlassen zu werden und klammert (#ambivalent), wodurch die Bindungsfigur auf Abstand geht, weil es zu viel ist. Auch hier wird die Angst stabilisiert.


Desorganisierter Bindung

Das Kind versucht die Bindungsperson zu kontrollieren (#desorganisiert), wodurch diese z.B. mit Gegenkontrolle oder Ignoranz reagiert, wodurch beim Kind die Unsicherheit verstärkt wird.


Erklärungsmöglichkeiten für eine sichere Bindung zwischen Mensch & Tier

Es gibt zwei mögliche Erklärungen, warum unsicher und desorganisierte Bindungen sich in Mensch-Tier-Beziehungen nicht re-etablieren:


Der Übertragungszyklus wird durchbrochen

Während die meisten Menschen komplementär auf das unsichere, bindungsbezogene Verhalten einer Person reagieren, ist das bei Tieren nicht der Fall. Insbesondere Hunde verhalten sich und er Regel authentisch und eingeschränkt wertschätzend gegenüber dem Menschen. Das macht es sehr unwahrscheinlich, dass sie komplementär auf das unsichere Bindungsverhalten eines Menschen reagieren. Nur in extremen Fällen, wenn ein Mensch z.B. ständig Nähe und Körperkontakt sucht, mag sich auch ein Hund komplementär verhalten, indem er sich zurückzieht. Im Gegensatz zu menschlichen Bindungsfiguren reagieren #Kumpantiere eher offen und geduldig auf die Menschlichen Bedürfnisse nach #Nähe und Körperkontakt (ambivalent), emotionaler und körperlicher #Distanz (vermeidend) sowie Kontrolle (desorganisiert).


Die Bindungsrepräsentanz wird nicht übertragen

Es ist auch möglich, dass Menschen ihre generalisierten Bindungsrepräsentationen erst gar nicht auf Tiere übertragen. Das könnte zum einen in Merkmalen des Tieres selbst begründet sein. Da Tiere zumeist direkt, eindeutig und nicht wertend im Verhalten sind, erwarten Menschen in einer solchen Beziehung auch keine negativen Reaktionen seitens des Tieres. Bindungsbezogene Verhaltensweisen, die durch negative Erwartungen (wie z.B. zurückgewiesen werden) entstehen, treten also gar nicht erst auf. Zum anderen ist es auch möglich, dass die grundsätzliche Andersartigkeit zwischen Menschen und Tieren mental repräsentiert ist, sodass Schemata für zwischenmenschliche Beziehungen in Mensch-Tier-Beziehungen gar nicht erst aktiviert werden.

Nicht jedes Tier ist als Bindungsfigur geeignet

Allerdings kommt nicht jedes Tier als potenzielle #Bindungsfigur in Frage. Optimal scheinen sich Tiere zu eignen, die aufgrund ihrer genetischen Ausstattung sowie einer adäquaten, frühen Sozialisierung in der Lage sind, menschliche Emotionen zu lesen und angemessen darauf zu reagieren. Dies trifft in erster Linie auf domestizierte Tiere (v.a. Hunde, Katzen, Pferde) zu, die sich im Verlauf von mehreren tausend Jahren in enger Gemeinschaft an das Leben mit Menschen anpassten. Offensichtlich gibt es aber auch innerhalb einer Art und sogar Rasse, Zuchtlinie oder eines Wurfes individuelle Unterschiede.

Körperkontakt als Bedingung für Bindung

Eine weitere Bedingung, die die #sichereBindung zu einem Tier unterstützt, ist häufiger #Körperkontakt. Studien zufolge ist die Schwelle für Körperkontakt bei Menschen jeden Alters gegenüber Tieren niedriger als gegenüber Menschen. Während in vielen Kulturen Körperkontakt zu nicht nahestanden Menschen als unangenehm gilt, trifft das nicht für den Kontakt zu Tieren zu. Insbesondere für #vermeidend und #desorganisiert gebundene Menschen ist es häufig sehr schwierig, zwischenmenschlichen Körperkontakt aufzunehmen, da sie erwarten, zurückgewiesen zu werden. Diese Erwartung gibt es Tieren gegenüber eher nicht, sodass es auch unsicher und desorganisiert gebundenen Menschen leichter fallen sollte, ein Tier zu streicheln.

Stressreduktion als Zeichen sicherer Bindung

Häufiger angenehmer Körperkontakt und die damit einhergehende #Stressreduktion sind typisch für sichere #Bindungsbeziehungen, aber nicht für Beziehungen, in denen einer oder beide Partner unsicher oder desorganisiert gebunden sind. Im „Trier Social Stress Test“ wurde gezeigt, dass unsicher und desorganisiert gebundene Kinder, die einem sozialen Stressor ausgesetzt wurden, nicht in der Lage waren, den induzierten Stress durch eine freundliche Person, die sich als Unterstützung anbot, herunter zu regulieren. Hatten die Kinder hingegen Kontakt zu einem Hund, zeigte sich bei ihnen eine signifikante Stressreduktion. Je mehr die Kinder den Hund streichelten, desto niedriger war das im Speichel gemessene Kortisol. Der Körperkontakt zu einem Tier und die dadurch vermittelte Stressreduktion scheint eine weitere, wichtige Bedingung zu sein, durch die der Aufbau einer „sicheren“ Bindung zwischen Mensch und Tier gefördert wird.


Quelle: Julius, H., Beetz, A., Kotrschal, K., Turner, D.C., Uvnäs-Moberg, K.: Bindung zu Tieren – Psychologische und neurobiologische Grundlagen tiergestützter Interventionen

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