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So bunt sind Pflegefamilien - welche Formen der Familienpflege es gibt

Es gibt eine große Vielfalt an Varianten, wie Familienpflege gelebt werden kann, hier bekommt ihr eine "knackige" Übersicht dazu

Es gibt diverse Arten von #Pflegestellen, die zum Teil unter verschiedenen Begriffen laufen und nicht immer in allen Bundesländern, Städten oder Landkreisen vorhanden sind. Hier dennoch der Versuch eines Überblicks. Dabei

stelle ich euch hier 13 verschiedene Formen von #Familienpflege vor, wobei eine Familie auch mehrere Arten der Pflege ausüben kann oder sich im Laufe der Zeit von der einen zur anderen Form entwickelt. Das hängt ganz von der Qualifikation, den Motiven, Bedürfnissen und individuellen Lebensumständen ab.


Tages- und Wochenpflege

Ein Beispiel hierfür wäre eine alleinerziehende Mutter, die eine Ausbildungsstelle beginnt, für welche sie unter der Woche weite Pendelstrecken in Kauf nehmen muss, so dass sie das Kind abends nicht abholen kann. Das Kind lebt so von Montag bis Freitag, 24 Stunden täglich, in einer #Pflegefamilie. Von Freitagabend bis Sonntagabend ist es dann bei seiner leiblichen Mutter. Diese Pflegeform kommt jedoch eher selten vor.

Kurzzeitpflege

Diese Form der Pflege kommt in Frage, wenn die Bezugsperson des Kindes beispielsweise in eine Entziehungskur geht, einen längeren Krankenhausaufenthalt vor sich hat oder für einige Zeit ins Gefängnis muss und es keine Personen in der Familie oder im Bekanntenkreis gibt, die das Kind zu sich nehmen können oder wollen. manchmal kommt es jedoch auch vor, dass sich ein solches Kurzzeitpflegeverhältnis in eine Vollzeitpflege wandelt.


Vollzeit- /Dauerpflege

Der #Pflegekinderdienst des zuständigen Jugendamtes geht hier davon aus, dass das Kind nicht wieder zurück zu seiner Herkunftsfamilie kann. Das Kind bleibt “bis zu seiner Verselbständigung” in seiner Pflegefamilie. Es können sich im Laufe der Zeit jedoch auch Umstände ergeben, die eine #Rückführung des Kindes zur Folge haben. Mit diesem Gedanken muss man als Pflegefamilie leben können und man solche sich ganz bewusst damit auseinander setzen. Unser Jugendamt hatte uns damals als groben Richtwert genannt, dass ca. 2% der Kinder in #Dauerpflege trotzdem wieder zurückgeführt werden. Für die Kinder selbst entsteht ein immenses Dilemma, das aus dem Bedürfnis nach Beziehungskontinuität sowie Zugehörigkeit zu seiner sozialen Familie einerseits und einer potentiellen Rückforderung des Kindes durch seine leiblichen Eltern nach Jahren der Fremdpflege andererseits entstehen kann.


Vor dem Hintergrund sich wandelnder Anforderungen an Pflegefamilien ergeben sich zum Glück immer weitere rechtlichen Neujustierungen und Anpassungen der sozialen Praxis, um der Situation von Pflegekindern und ihrer Pflegefamilien besser gerecht zu werden. So gibt auch immer wieder politische Diskussionen darüber, ob eine Rückführung zu den leiblichen Eltern wirklich immer die beste Option ist und wie hier auch die Rechte von Pflegeeltern gestärkt werden können, die ein Kind schon seit mehreren Jahren in Obhut haben.


In jedem Fall wird euer Betreuer vom Pflegekinderdienst bereits in der Anbahnungsphase versuchen, euch ein möglichst gutes Bild auf die Situation sowie die Perspektiven für die Dauer der Unterbringung zu geben.


Adoptionspflege

Die #Adoptionspflege ist eine Sonderform der Dauerpflege und zielt auf die #Adoption des aufgenommenen Kindes ab. Sie überbrückt die Zeit zwischen der Aufnahme des Kindes und der Rechtswirksamkeit der Adoption und soll dem Gericht eine Prognose darüber ermöglichen, ob die Annahme wem Wohl des Kindes dient und zu erwarten ist, dass zwischen den neuen Eltern und dem Kind ein Eltern-Kind-Verhältnis entsteht. Bei dieser Pflegeform ist es auch möglich, ein Kind aus dem #Ausland aufzunehmen, die Vermittlung muss dabei von einer anerkannten #Vermittlungsstelle durchgeführt werden. Für die Dauer der Adoptionspflege gibt es keine gesetzliche Regelung, es wird aber in der Regel etwa ein Jahr empfohlen.


Verwandtenpflege

Bei dieser Pflegeform bleiben die Kinder weiter im Familienverbund, sie wachsen also zum Beispiel bei Oma/Opa, Tante oder Onkel auf. Etwa jedes vierte Pflegekind wird derzeit von #Verwandten aufgenommen. Auch werden die Pflegeeltern mit einer Pflegepauschale unterstützt, sofern die Aufnahme des Kindes “einer Hilfe zur Erziehung” gleichkommt. Hierbei müssen dann die gleichen Kriterien erfüllt werden, wie “normalen” Pflegeverhältnissen:

  • Überprüfung der Personen

  • Erweitertes polizeiliches Führungszeugnis

  • Ärztliches Gesundheitszeugnis

Sonderpflege

Im günstigsten Fall haben die Pflegeeltern hier eine #pädagogische Ausbildung, das ist aber nicht zwingend erforderlich, manchmal reichen auch ausreichend Erfahrung und Belastbarkeit mit Kindern umzugehen, die besondere Bedürfnisse haben und/oder schwere #Traumata erlebt haben. In solche Pflegestellen kommen in der Regel Kinder mit geistiger und/oder körperlicher #Behinderung sowie Kinder, deren Entwicklung stark beeinträchtigt ist.


Bereitschaftspflege

Die #Bereitschaftspflege ist eher etwas für erfahrene Pflegeeltern. Hier steht man “auf Abruf” bereit, wenn ein Kind aus seiner Herkunftsfamilie in #Obhut genommen werden muss. Zwischen dem Anruf vom Jugendamt bis zum Einzug vergehen oft nur wenige Stunden. Die Gründe, warum ein Kind oder ein Jugendlicher nicht mehr nach Hause gehen kann oder will sind sehr unterschiedlich. Nach der Aufnahme finden Gespräche zwischen dem #Pflegekinderdienst, dem betroffenen Kind (sofern möglich), den Pflegeeltern und selbstverständlich dem/den Sorgeberechtigten statt. Hier wird gemeinsam nach einer Lösung des Problems gesucht und ausführlich besprochen, wie es auf Dauer weitergehen soll, um im Wohle des Kindes zu handeln.


Eine #Bereitschaftspflege ist zunächst dafür da, um ein Kind aus einer #Gefahrensituation zu heraus aufzunehmen. Eine in #Obhutnahme durch das zuständige Jugendamt (also die Herausnahme aus der Herkunftsfamilie, auch gegen den Willen des Sorgeberechtigten) findet dann statt, wenn eine akute #Kindeswohlgefährdung vorliegt oder vermutet wird. In der Regel sollte die Bereitschaftspflege nicht länger als sechs bis zwölf Wochen dauern. Nicht selten zieht es sich aber über viele Monate, was für die Kinder eine echte Herausforderung ist, da sie nicht wissen, wie es für sie weitergeht und insbesondere kleine Kinder schnell eine Bindung zu den #Bereitschaftspflegeeltern entwickeln. Wenn ein Kind danach weiter in ein #Dauerpflegeverhältnis wechseln soll, bedeutet das einen erneuten Beziehungsabbruch, den insbesondere Kleinkinder zum Teil nur schwer verkraften. Es kann zu Trennungs- und Verlustängsten kommen, die die Eingliederung in die neue Pflegefamilie erschweren können. Es ist also wichtig, schnellstmöglich eine #Dauerpflegefamilie zu finden, sofern absehbar ist, dass eine Rückführung zu den leiblichen Eltern nicht möglich sein wird. Das ist aktuell nicht einfach, da es einfach noch zu wenige Pflegefamilien gibt.



Professionelle Pflegestellen – Pflegefamilie als Beruf

“Professionell” meint hier, dass zum einen mindestens ein Elternteil eine #pädagogische oder #psychologische Ausbildung mitbringt, die anerkannt werden kann UND dass für die Arbeit dieser Pflegestellen ein höheres #Honorar für die Erziehungsleistung gezahlt wird. Das höhere Honorar ermöglicht es entsprechend ausgebildeten #Pflegeeltern, ihren externen Arbeitsplatz aufzugeben und ihren Beruf angemessen bezahlt zu bekommen.


Der Unterschied zu den bisher genannten Formen von Pflegestellen besteht jedoch nicht nur in der Qualifikation und Entlohnung, sondern (mit Ausnahme der heilpädagogischen Pflegefamilie) auch in der formalen Einordnung der professionellen Pflegestellen, die jugendrechtlich als sogenannte “sonstige Wohnform” bzw. “Einrichtungen” und nicht als Pflegefamilie betrachtet werden. Entsprechend werden professionelle Pflegepersonen häufig als “Betreuerin”, “Bezugsperson” oder “Erzieher” und nicht als “Pflegeeltern” bezeichnet. Das liegt daran, dass hier bei den Kindern in der Regel ein erhöhter Erziehungs- und/oder #Förderbedarf besteht. Ich möchte diese Pflegestellenformen hier dennoch aus drei Gründen mit aufführen, auch wenn es sich zum Teil um Einrichtungen handelt:

  1. Der Begriff “Familienpflege” besagt (bürgerlich-rechtlich betrachtet) zunächst “Pflege und Erziehung eines Kindes oder Jugendlichen in einer anderen als seiner Herkunftsfamilie” (siehe Beschluss des Bundesgerichtshofs vom 4.7.2001). Zudem kann z.B. laut Bayrischem OLG kann von “Familienpflege” gesprochen werden, “wenn das Pflegekind in einem familienähnlichen Verband eingegliedert ist”.

  2. Auch subjektiv erleben sich viele “Pflegestellenleiter” trotz ihrer Professionalität als “Pflegeeltern” (und nicht als Betreuer oder gar “Leistungserbringer”, wie sie von manchen Jugendämtern bezeichnet werden), die Kinder als “Pflegekinder” (und nicht als Zöglinge o.Ä.) und ihre “Einrichtung” als Familienverband. Die Vorstellungen vieler Ämter, dass hier lediglich eine Dienstleistung für den “Kunde Jugendamt” erbracht wird greift viel zu kurz, da es auch bei professioneller Erziehungsarbeit um die Herstellung von tragfähigen menschlichen Beziehungen geht.

  3. Ich glaube es ist gut, alle Möglichkeiten der Familienpflege zu kennen, um zu schauen, welche Option entsprechend der eigenen Qualifikationen und individuellen Gegebenheiten am besten passt.

Sozial-, heil- oder sonderpädagogische Pflegefamilie

In dieser Form der #Pflegefamilie verfügt mindestens ein Elternteil über eine (sozial-)pädagogische, #psychologische oder manchmal auch #medizinische Ausbildung, wobei es nicht zwingend ist, dass dieser Elternteil im Alltag die Hauptverantwortung für die Erziehung übernimmt. In diese Familien werden Kinder mit einem erhöhten Erziehungs- bzw. #Förderbedarf vermittelt. Hierbei kann es sich um Kinder mit #Behinderungen, gravierenden #Verhaltensauffälligkeiten oder sonstigen schwerwiegenden Problemen handeln. Die Abgrenzung zu “normalen” Pflegefamilien ist nicht ganz scharf, da entsprechende Bedarfe zum Teil erst im Laufe der Zeit deutlich werden. Zudem gibt es keine bundesweit einheitliche Regelung, welchen Kindern ein erhöhter Bedarf zugesprochen wird und welchen nicht. Die Entlohnung für Erziehungsleistungen liegt hier etwa bei der doppelten oder dreifachen Summe von “normalen” Pflegefamilien. Bei Kindern mit #Behinderung kann zudem eine entsprechende #Pflegestufe mit #Pflegegeld beantragt werden.

Solltet ihr als “normale” Pflegeeltern ein Kind mit erhöhten Erziehungs- oder Förderbedarf aufgenommen haben, könnt ihr auch nachträglich als #heilpädagogische #Pflegefamilie eingestuft werden.


Erziehungsstelle / Pflegenest

#Erziehungsstellen sind die kleinste Variante professioneller #Familienpflegestellen im Rahmen der #Jugendhilfe. Erziehungsstellen werden meist von freien #Trägern betrieben, mit denen dann eng zusammengearbeitet wird. Die Zielgruppe sind Kinder und Jugendliche, die aufgrund psychischer und sozialer #Beeinträchtigungen kontinuierlich eine Bezugsperson brauchen, sowie einen überschaubaren, fachlich und institutionell abgesicherten familienähnlichen, kleinen Rahmen benötigen. Der Unterschied zur “normalen” Pflegefamilie liegt auch hier vor allem im besonderen Betreuungsbedarf der Kinder/Jugendlichen (Verhaltensauffälligkeiten wie zum Beispiel Auto- oder Fremdaggression) und der daraus resultierenden Erforderlichkeit, dass wenigstens eine betreuende Bezugsperson eine pädagogische Ausbildung hat. Zudem gibt es einen festgeschriebene Platzzahl von zwei (maximal drei), so dass die Möglichkeit besteht, frei gewordene Plätze immer wieder neu zu belegen.


Außenstelle eines Heimes

Hierbei handelt es sich um eine gänzliche andere Variante, als alle bisher vorgestellten, denn bei bei dieser Form der Pflegestelle werden ein (oder beide) Elternteil(e) vom #Heim als #Erzieher fest, d.h. sozialversicherungspflichtig angestellt und sind ihrem Vorgesetzten gegenüber weisungsgebunden. Meistens wird eine halbe Stelle pro Kind angeboten. Wenn nur ein Elternteil als Mitarbeitende im Heim arbeitet, geht der andere meist einer externen Beschäftigung nach. Der Betreuungsschlüssel variiert je nach Konzept des Heimes. Unter Umständen können der Außenstelle auch zusätzliche pädagogische Mitarbeitende oder eine Haushaltskraft zur Verfügung gestellt werden. Diese Form der Pflegestelle ist meist für Kinder eine gute Option, deren leibliche Eltern ausdrücklich nicht wünschen, dass ihr Kind eine enge Beziehung zu einer anderen Familie aufbaut, weil sie davon ausgehen, dass sie das Kind zu einem späteren Zeitpunkt wieder zu sich holen. Im Unterschied zur Bereitschaftspflege verbringen die Kinder hier jedoch meist mehrere Jahre.


Selbstständige Familiengruppe / familienanaloge Kleinsteinrichtung

Diese Form der #Familienpflege ist keinem Träger oder Heim angeschlossen, sondern #selbstständig, d.h., sie haben eine eigene, vom Landesjugendamt erteilte #Betriebserlaubnis. Diese Form bringt einige Vorteile, so ist man nicht von den Entscheidungen anderer abhängig, kann das Konzept frei gestalten und den Entgeltsatz frei mit dem Jugendamt verhandeln, ohne etwas abtreten zu müssen. Mit den Vorteilen geht jedoch ein erhöhter Aufwand für Verwaltung (Marketing, Personal, Buchhaltung, Qualitätssicherung, etc.) einher. Familiengruppen bieten in der Regel drei bis sieben Plätze mit einem Betreuungsschlüssel von 1:2 oder 1:3 an. Auch hier kommt es meist zu einer Belegung mit Kindern, die einen erhöhten Förder- bzw. Erziehungsbedarf mitbringen.


Familienähnliche Kleinsteinrichtung

Diese Variante der #Familienpflege unterscheidet sich nur wenig von der #Familiengruppe, sie bietet jedoch mehr Plätze an (durchschnittlich 7-14 Plätze, zum Teil in mehreren Gruppen). Dies hat zur Folge, dass familienähnliche #Kleinsteinrichtungen entsprechend mehr Mitarbeitende haben. Die “Hauseltern” sind hier (wie auch in den anderen vorgestellten Optionen) die zentralen #Bezugspersonen für die aufgenommenen Kinder. Von einer “echten Familienpflege” kann hier allerdings nur gesprochen werden, wenn die Hauseltern mit den Kindern gemeinsam in einem “familienähnlichen Verband” leben, was aufgrund der Größe nicht immer gegeben ist.


Kinderdorffamilie

Das Konzept der verschiedenen #Kinderdörfer ist sehr vielfältig, daher stelle ich hier nur den Teil der #Familienwohngruppen vor. Diese Gruppen ähneln der Außenstelle eines Heimes, da die als #Kinderdorfeltern bzw. Kinderdorffamilienleiter*innen fest angestellt werden, zusätzliches Personal zur Seite gestellt bekommen und Unterstützung/Beratung durch Mitarbeitende der Einrichtung angeboten wird. Das betrifft häufig ein Elternteil, während das andere einer externen Beschäftigung nachgeht. In vielen #Kinderdörfern ist dies auch problemlos für Alleinstehende möglich.


Der Unterschied zu anderen Heimen ist, dass die #Familienwohngruppe auf dem dorfähnlichen Gelände des #Kinderdorfes lebt, welches eine gewisse Infrastruktur bietet.



Quelle:

  • Alice Ebel: Praxisbuch Pflegekind – Informationen und Tipps für Pflegeeltern und Fachkräfte

  • Doris Fery: Gesucht! Pflegefamilien: Vom ersten Gedanken, über die Umsetzung - bis hin zur Selbständigkeit des Pflegekindes


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